Schon wieder ist mehr als eine Woche vergangen seit ich Mama und Janna veraschiedet habe. Was dann folgte war erstmal ein Schock a la…… „sie ist weg und ich bin wieder allein“. Inzwischen war ich ja bereits seit mehr als 5 Wochen nicht mehr allein unterwegs und als es dann wieder soweit war, wusste ich gar nicht so richtig was mit mir anzufangen. Noch dazu war ich in San Jose (nicht schön) und in einem doofen Hostel. Naja, dann hab ich erstmal einen Tag lang die Decke über den Kopf gezogen und nichts gemacht bzw gelesen und mir selbst leidgetan. Kommunikativ war ich auch nicht wirklich und war schon kurz davor entweder Angela oder Eavan hinterherzureisen, was ziemlich schwachsinnig gewesen wäre. Also Augen zu und durch;-) War ja klar, dass es auch mal solche Tage geben würde und ein doofer Tag in 2 Monate ist ein guter Schnitt, wie ich finde.
Am nächsten Morgen sah die Welt schon wieder anders aus, obwohl San Jose war immer noch genauso hässlich. Ich hab beim Frühstück ein Mädel angequatscht, die ich in wenigen Minuten überzeugt hab, mit mir am nächsten Morgen an die Karibikküste zu fahren und Schildkröten zu retten. Prisca kommt aus der Schweiz und ist 2 Wochen in Cost Rica unterwegs und fliegt dann nach Hawai.
Montag Morgen gings dann mit dem Bus von San Jose nach Bataan und dann mit Taxi und Boot nach Pacuare. Das ist fxxxx in the middle of nowhere und die Bootsfahr dahin durch den Dschungel war traumhaft. Kein Strom, kein Internet, keine Geschäfte, nichts außer Meer, Strand und die Schildkrötenrettungsstation „La Tortuga Feliz“.
Das ist ein Projekt zur Erhaltung von Schildkröten, da diese besonders hier an der Karibikküste vom Aussterben bedroht sind.
Irgendwann hatte ich mir überlegt, dass es nach 2 Monaten Feiern und Geniessen, vielleicht auch mal wieder schön ist, was sinnvolles mit meiner Zeit anzufangen (und ZEit hab ich ja genug) und ich hatte die romantische Vorstellung, dass Schildkröten zum einen süß sind und zum anderen Schildkrötenrettung ja nicht so anstrengend sein kann. Hm, nachher ist man immer schlauer.
Schildkröttenrettung ist vor allem eins, SAUANSTRENGEND und man wird in der Zeit nicht gerade zum Schildkrötenfreund. Die Hauptaufgabe der Freiwilligen, die hier arbeiten besteht darin, nachts am Strand zu patroullieren, wenn die Schildkröten Eier legen, um zu verhindern, dass die Eier geklaut werden und verkauft werden. Schildkröteneier sind hier eine Delikatesse, weil sie angeblich potenzsteigernd sind und bringen ein Dollar das Stück. So ein Vieh legt bis zu 130 Eier und das ist mal ein schlapper Monatsverdienst hier an der armen Karibikküste Costa Ricas. Die Patroullien sind zusammen mit Einheimischen, die in der Regel bevor es das Projekt gab selber Eierdiebe waren, so wird versucht die Locals mit einzubinden und ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen.
Das funktioniert meines Erachtens nach aber nur bedingt, einige von den Guides waren echt richtig motiviert während andere nur ihre 4 Stunden abgelatscht haben. Generell hat das Projekt mich an meine Toleranzgrenzen gebracht, denn es ist ein ziemlich unorganisierter Haufen aber ich nehme mal an, dass ist so im Tierschutz…..
Strandpatroullien sind immer 4 Stunden und das entweder von 20 bis 24 Uhr oder von Mitternacht bis 4 Uhr Morgens. Gähn, man ist also tagsüber permanent müde. Gottseidank gab es keinen einzigen Spiegel im Camp, so dass ich meine Augenringe gerade erst entdeckt habe.
Leider kann es passieren, dass man in 4 Stunden 12km hin und herlatscht und nicht ein einziges Tier sieht oder aber der Eierdieb war schneller und die Eier sind trotzdem verloren. Während solcher Patroullien fängt man wirklich an die „schxxxx Schildkröten“ (Zitat Prisca) zu hassen, vor allem, wenn es in Strömen regnet, wie in den meisten unserer Schichten. Nachts am Strand herwandern hat was meditatives, irgendwann hört man auf zu denken…….
Hat man allerdings das Glück und sieht eine, ist es echt ein abgefahrenes Naturschauspiel, wie sich dieser Riesenkoloß aus dem Meer schleicht, ein Loch gräbt und anfängt Eier zu legen. Die ganze Prozedur dauert recht lang und danach muss die Schildkröte noch zu Forschungszwecken vermessen werden. Die größte Schildkröte, die ich gesehen habe war so groß wie ich! 1, 63 lang und wer denkt, Leatherbackschildkröten seien süß, den muss ich enttäuschen – die Viecher sehen so aus, als wären sie gerade dem Jurassic Parc entsprungen.
Hier meine Bilanz in einer Woche als Tierschützer:
4 Schildkröten gesehen, ca 250 Eier gerettet, 30 Stunden am Strand lang gelatscht, davon 15 im Regen, ungefähr 100 Mückenstiche.
Ansonsten hat Schildkrötenrettung vor allem damit zu tun „alles andere zu töten, damit die Tortugas leben können“ (noch ein Zitat“). Also Strand von Unkraut befreien, Bäume umhacken und es den tierchen so angehnehm wie mögliche zu machen, damit sie ja kommen und Ihre Eier legen. Echte Diven sind das – manchmal kommen sie gar aus dem Wasser und krabbeln wieder rein, wenn ihnen der Strand nicht gefällt. Komisch, das Leben als Tierschützer………
Tierschützer ist übrigens definitiv auch von der Liste der möglichen „nach-der- Weltreise- Tätigkeiten“ gestrichen.
Allerdings hat die Erfahrung hier mich ans Grübeln gebracht, ob ich vielleicht doch mal irgendwo länger bleibe und Freiwilligenarbeit mache. Dann aber wohl eher in ner Schule oder im Waisenhaus.
Die Woche hier war aber in jedem Fall ein Erlebnis, dass ich nicht missen möchte – nette Leute, die Abgeschiedenheit war beeindruckend und die Nächte, in denen es Schildkröten gab echt toll. Die permanenten Müdigkeit und immer nasse Klamotten sowie die zahlreichen Mückentstiche und Ameisenbisse werden mir allerdings definitiv nicht fehlen;-)
Prisca und ich sind heute zusammen weitergereist, um uns gemeinsam von der Schildkrötenwoche zu erholen – und wo erholt man sich am besten von der Karibik? Richtig -in der Karibik:-) Wir fahren die Küste runter und bleiben noch eine Nacht in Costa Rica und dann geht es endlich ins Land unserer Träume, denn da riecht es ja bekanntlich nach Bananen. Aber dazu mehr, wenn ich da bin.
PS: und kann mir einer sagen, wofür Schildkröten eigentlich gut sind????
Anreise
Ausblick beim Tiereschützen
Strand
Abhängen